Samstag, 8. Oktober 2011

Im Sündenloch des Pazifik

'There is a lot of weather out there', stellt Terry fest, als er bei Carol und Alan aus dem Fenster auf das verregnete, stürmische Auckland schaut.


'There are a lot of craters out there', denke ich, als Alan uns nachmittags sein sonniges Auckland zeigt, das ganz im Zeichen der Rugby-WM steht.Auckland ist umgeben von ca. 30 ruhenden Vulkanen und Kratern, ca. alle 800 Jahre bricht einer aus. Die 800 Jahre sind um, zum Glück haben Vulkane keinen Terminkalender. In einem ca. 80 m tiefen, grasbewachsenen Kraterloch mitten in einem Park  mitten in Auckland liegen Steine, Leute klettern immer wieder runter und schreiben ihre Botschaften mit den Steinen. Die heutige Botschaft:


Am nächsten Tag holen wir unseren Campervan-Wohnmobil der Marke 'Backpackers' ab, ziehen ein und los geht's Richtung Norden. Die Straßen sind höllisch, entweder donnern uns ständig LKW entgegen,viele mit Baumstämmen beladen. Wir sehen bald kahl geschlagene  Hügel, das ist ganz schön bedrückend.
Dann entdecken wir eine Scheune, auf deren Dach steht: Jesus backs the Blacks, dazu das Symbol der neuseeländischen Rugby-Nationalmannschaft'All Blacks': dem silbernen Farnzweig.


Na, wenn das so ist,brauchen wir ja keine Angst um die Neuseeländer und ihre erschrockenen Seelen zu haben: der Rugby-National-Held Dan ist verletzt ausgeschieden und alle, alle diskutieren seine verletzte Lendenmuskulatur und fürchten ein frühes Aussscheiden.

Dann nehmen wir die kleine Küstenstraße, da gibt es zwar wenig Verkehr, dafür aber immer und immer wieder Haarnadelkurven-ohne 'power steering' ein Kraftakt. In der St.Helens Bay finden wir einen traumhaft schönen Stellplatz und sind fast ganz allein dort. Vor uns direkt der Srand, der auch gleichzeitig Straße zur nächsten Bucht ist.

Morgens wachen wir vom Meeresrauschen


 und von Kuhglocken auf und fühlen uns ganz wie zu Hause in Floverich. Der Bauer, der diesen Platz betreibt, erzählt uns, dass es noch sehr ruhig ist, er aber im Dezember/Januar (den neuseeländischen Sommerferien) viel mit Wohnmobilgästen zu tun hat und  dass es erst seit 15 Jahren hier Strom aus der Steckdose gibt. Seine Kuhherde grast ca. 30 m von uns entfernt an einem Hügel der Bucht. Er will aus Sorge um die Finanzwelt ganz autark werden- er hat seine Kühe und Hühner und Süßwasserquelle, schlägt Holz als Brennmaterial, geht fischen und findet so seine eigene Lösung für die Sorgen der Welt.
Die Sorgen der Welt sind uns momentan auch egal, wir trinken Kaffee im Wohnmobil, gehen lange am Strand spazieren und bewundern die ruhige Bucht mit dem Flammenbaum, der noch kaum Blätter, aber großblättrige orangefarbene Blüten hat.


Da kommt ein anderes Backpackers-Wohnmobil die Serpentine herunter und wir lernen Ingrid (Neuseeländerin mit niederländ.Wurzeln)  und Julie aus Sydney kennen.

Wir fahren bis Russell- dem ehemaligen Sündenpfuhl des Pazifik, an der 'Bay of Islands'. Dort bummeln wir durch das hübsche Städtchen mit der höchsten Billionär-Rate in ganz Neuseeland, treffen Ingrid und Julie wieder und planen unsere Schiffstour. Die führt uns am nächsten Tag nach Urupukapuka, einer Insel, die wir nach 1 h Schifffahrt und der Sichtung einiger Delfine erreichen.



Die anderen Touristen schippern 4 h durch die Bucht, wir steigen als einzige auf der Insel aus, da Terry trotz seiner Insel-Gene nicht gerne auf Schiffen unterwegs ist. Ausgehend von der Anlegestelle mit kleinem Restaurant umwandern wir fast die ganze Insel und haben - so scheint es - die Insel für uns und können von den höheren Punkten verstehen, warum James Cook, der Entdecker und Pazifik-Erkunder und -vermesser 1767 die Bucht 'Bay of Islands' nannte.





Zurück an der Anlegestelle versuchen wir zu im Doppelkajak zu kajaken, was aber grandios an der Bauweise der Kajaks scheitert. Die sollte man nur in Badekleidung benutzen, dazu ist es mir aber viel zu kalt. Ich habe sofort eine klatschnasse Hose und nach 30 Minuten geben wir auf, damit ich meine Hose und Unterwäsche im Gästeklo an den Handtrocknern trocknen kann. Dann holt unser Schiff uns wieder ab und bringt uns nach Russell zurück.
Wir gehen von Bord und treffen Ingrid und Julie wieder, die uns -nach 3maligem Treffen- einen ausgeben: An der Minipromenade von Russel inkl. Sonnenuntergang und Laien-Schauspielern, die Szenen aus der bewegten Geschichte Russels nachstellen.


Russell, der Sündenpfuhl des Pazifik, zog im 19. Jahrhundert Händler, Seeleute auf Landgang, Walfänger,die Waffen gegen  Holz, Decken, Metallwerkzeuge, Wasser und Vorräte tauschten,  entlaufene Strafgefangene aus Australien, Auswanderer, Missionare und Prostituierte an und die meisten davon erfreuten sich ausgiebig an illegal gebranntem Rum.
An den Stränden wurden Wale ausgenommen, in den Kneipen gesoffen und sich geprügelt, in den Freudenhäusern gesoffen und sich gefreut und zwischendurch wurden die Maoris anhand von ersten einfachen Wörterbüchern Englisch-Maori gefragt: 'Wie teuer ist der Baum?'- 'Wieviel wollt ihr, wenn ihr den Baumstamm zum Hafen schleppt?' - 'Wie teuer ist das Stück Land?' Ein englischer Kapitän hatte mal zwei Geliebte aus verschiedenen, einander verfeindeten Maoristämmen. Die Beiden prügelten sich um ihn, ihre Stämme unterstützten sie und bald gab es im 'Girls' war' hunderte Tote.
Missionare, Polizisten und eine Sittengesellschaft



sorgten dann für Ordnung und Charles Darwin spendete bei seinem Aufenthalt hier in Russell Geld für den Bau der Kirche, denn hier lebe ja wohl der 'Abschaum der Menschheit'.Eine französische Nonne schrieb ein umfassendes Wörterbuch, das auch Sätze auf Maori wie: 'Vorsicht, der Weg ist rutschig!' oder 'Ich bin traurig.' enthielt. Eine puritanischere Lebensweise hielt Einzug, die es Farmern bis in die 50er Jahre praktisch verbot, paarende Rindviecher auf von Straßen aus sichtbaren Weiden zu halten. 
 Russell war eine der letzten Städte Neuseelands, die das aus der viktorianischen Kolonialzeit stammende 'Trockenheitsgesetz' - absolutes Alkoholverbot- aufhob.
Nun wird all das in Szenen von den Dorfbewohnern für die Besucher nachgespielt und Terry bekommt ein eindeutiges Angebot einer Dame des horizontalen Gewerbes.


Die Dame mustert mich und sagt, sie könne mir einen Job anbieten als Kollegin in ihrem Etablissement, bei meiner Oberweite sei ich bestimmt immer gut beschäftigt und könne gut verdienen.

@Danny und Mariechen: Heute pinkeln wir in Hundertwassers Klo!!!

2 Kommentare:

  1. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  2. Beki! Wie schön hier immer wieder von euch zu lesen und eure Reise ein wenig mitverfolgen zu können. Da krieg ich schon wieder Fernweh!
    Mein Herz blieb für einen kurzen Moment stehen, als du schriebst, ihr habt eine neuseel. Ingrid mit niederl. Wurzeln kennengelernt... Die Cousine meiner Ma, die ich vor einigen Jahren auch dort besucht habe heißt Ingrid Naus, hat wie meine Ma niederländische Wurzeln, wohnt in NZ (ich glaube Nähe Coromandel) und hat Verwandte in Auckland. Crazy... Wer weiß, die Welt ist klein...
    Lasst es euch gut gehen und schreibt weiter so fleißig :)
    Liebe Grüße aus Aachen, Lisa Th

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